2-Brücken-Knoten

In der Knotentheorie, einem Teilgebiet der Mathematik, sind 2-Brücken-Knoten bzw. 2-Brücken-Verschlingungen (auch: Knoten bzw. Verschlingungen mit 2 Brücken) eine Klasse von Knoten bzw. Verschlingungen. Sie wurden unter dem Namen Viergeflechte 1956 von Horst Schubert klassifiziert. Weil sie durch eine rationale Zahl p q {\displaystyle {\frac {p}{q}}} klassifiziert werden können, werden sie häufig auch als rationale Knoten bzw. rationale Verschlingungen bezeichnet.

Definition

Ein 2-Brūckenknoten ist ein Knoten K {\displaystyle K} , dessen Brückenzahl

b r ( K ) = 2 {\displaystyle br(K)=2}

ist. Das bedeutet, dass er sich so in 4 {\displaystyle 4} Intervalle zerlegen lässt, dass für eine geeignete Ebene E R 3 {\displaystyle E\subset \mathbb {R} ^{3}} jeweils 2 {\displaystyle 2} Intervalle in beiden von der Ebene berandeten Halbräumen liegen. (Äquivalent kann man auch verlangen, dass 2 {\displaystyle 2} Intervalle in einer Ebene und die anderen beiden Intervalle in einem der berandeten Halbräume liegen.)

Analog definiert man eine Verschlingung mit 2 Brücken als eine Verschlingung L {\displaystyle L} mit Brückenzahl b r ( L ) = 2 {\displaystyle br(L)=2} .

Eine äquivalente Definition besagt, dass der Knoten bzw. die Verschlingung nach einer geeigneten Isotopie genau 2 Maxima bzgl. einer Höhenfunktion h : S 3 R {\displaystyle h\colon S^{3}\to \mathbb {R} } hat.

Conway-Normalform

Schematische Darstellung einer 2-Brücken-Verschlingung

Aus der unten stehenden Klassifikation ergibt sich, dass man jede Verschlingung mit 2 Brücken wie im Bild rechts darstellen kann, wobei a i Z {\displaystyle a_{i}\in \mathbb {Z} } die Anzahl der Halbtwists in der jeweiligen Box bezeichnet und für gerade bzw. ungerade i {\displaystyle i} positive a i {\displaystyle a_{i}} links- bzw. rechtshändigen Halbtwists entsprechen.

Diese Darstellung wird als Conway-Normalform bezeichnet.

Man kann stets erreichen, dass alle a i {\displaystyle a_{i}} dasselbe Vorzeichen haben.[1] Insbesondere gibt die Conway-Normalform dann ein alternierendes Knotendiagramm.[2]

Klassifikation

Die über einer 2-Brücken-Verschlingung verzweigte 2-fache Überlagerung der 3-Sphäre ist ein Linsenraum L ( p , q ) {\displaystyle L(p,q)} . Die 2-Brücken-Verschlingungen werden durch diese Linsenräume klassifiziert. Man bezeichnet deshalb mit K ( p , q ) {\displaystyle K(p,q)} diejenige Verschlingung, für die man den Linsenraum L ( p , q ) {\displaystyle L(p,q)} erhält.

Insbesondere entsprechen zwei rationale Zahlen p 1 q 1 {\displaystyle {\frac {p_{1}}{q_{1}}}} und p 2 q 2 {\displaystyle {\frac {p_{2}}{q_{2}}}} genau dann isotopen Verschlingungen, wenn

p 1 = p 2 {\displaystyle p_{1}=p_{2}} und entweder q 1 q 2 mod p {\displaystyle q_{1}\equiv q_{2}\mod p} oder q 1 q 2 1 mod p {\displaystyle q_{1}q_{2}\equiv 1\mod p} ist.

Modulo dieser Identitäten werden 2-Brücken-Verschlingungen also durch eine rationale Zahl p q {\displaystyle {\frac {p}{q}}} klassifiziert, wobei man p > 0 {\displaystyle p>0} und p < q < p {\displaystyle -p<q<p} annehmen kann.[3]

In der oben beschriebenen Conway-Normalform entspricht p q {\displaystyle {\frac {p}{q}}} dem Kettenbruch [ a 0 ; a 1 , a 2 , a 3 , ] {\displaystyle \left[a_{0};a_{1},a_{2},a_{3},\ldots \right]} :

p q = 1 a 1 + 1 a 2 + 1 a 3 + 1 {\displaystyle {\frac {p}{q}}={\cfrac {1}{a_{1}+{\cfrac {1}{a_{2}+{\cfrac {1}{a_{3}+{\cfrac {1}{\;\,\ddots }}}}}}}}}

(Die Kettenbruchdarstellung einer rationalen Zahl p q {\displaystyle {\frac {p}{q}}} ist nicht eindeutig, aber alle Kettenbruchzerlegungen ergeben denselben Knoten K ( p , q ) {\displaystyle K(p,q)} .)

Das Spiegelbild eines 2-Brücken-Knotens K ( p , q ) {\displaystyle K(p,q)} ist K ( p , q ) {\displaystyle K(p,-q)} . Einen orientierungsumdrehenden Homöomorphismus ( S 3 , K ( p 1 , q 1 ) ) ( S 3 , K ( p 2 , q 2 ) ) {\displaystyle (S^{3},K(p_{1},q_{1}))\to (S^{3},K(p_{2},q_{2}))} zwischen zwei unterschiedlichen 2-Brücken-Knoten gibt es genau dann, wenn

p 1 = p 2 {\displaystyle p_{1}=p_{2}} und entweder q 1 q 2 mod p {\displaystyle q_{1}\equiv -q_{2}\mod p} oder q 1 q 2 1 mod p {\displaystyle q_{1}q_{2}\equiv -1\mod p} ist.

Insbesondere ist ein 2-Brücken-Knoten genau dann amphichiral, wenn q 2 1   m o d   p {\displaystyle q^{2}\equiv -1\ mod\ p} ist.

Für 2-Brücken-Verschlingungen (mit 2 Komponenten) gibt es einen orientierungserhaltenden Homöomorphismus genau dann, wenn

p 1 = p 2 {\displaystyle p_{1}=p_{2}} und entweder q 1 q 2 mod 2 p {\displaystyle q_{1}\equiv q_{2}\mod 2p} oder q 1 q 2 1 mod 2 p {\displaystyle q_{1}q_{2}\equiv 1\mod 2p} ist.[4]

Beispiele

Die einzigen Torusknoten unter den 2-Brücken-Knoten sind die ( ± 2 , n ) {\displaystyle (\pm 2,n)} -Torusknoten.[5]

Alle 2-Brücken-Knoten, die keine Torusknoten sind, sind hyperbolische Knoten.

Die Kleeblattschlinge ist der 2-Brücken-Knoten K ( 3 , 1 ) {\displaystyle K(3,1)} mit Conway-Normalform [ 3 ] {\displaystyle \left[3\right]} , der Achterknoten ist der 2-Brücken-Knoten K ( 5 , 2 ) {\displaystyle K(5,2)} mit Conway-Normalform [ 2 , 2 ] {\displaystyle \left[2,2\right]} .

KnotInfo gibt eine Liste aller 2-Brücken-Knoten mit bis zu 12 Kreuzungen und berechnet die bekannten Knoteninvarianten.[6]

K ( p , q ) {\displaystyle K(p,q)} ist genau dann ein Knoten, wenn p {\displaystyle p} ungerade ist. Wenn p {\displaystyle p} gerade ist, dann besteht die 2-Brücken-Verschlingung aus zwei Komponenten.

Eigenschaften und Invarianten

Die Knotengruppe der 2-Brücken-Verschlingung K ( p , q ) {\displaystyle K(p,q)} hat die Präsentierung

a , b a b ϵ 1 a ϵ 2 b ϵ α 1 a 1 b ϵ α 1 a ϵ 2 b ϵ 1 {\displaystyle \langle a,b\mid ab^{\epsilon _{1}}a^{\epsilon _{2}}\ldots b^{\epsilon _{\alpha _{1}}}a^{-1}b^{-\epsilon _{\alpha _{1}}}\ldots a^{-\epsilon _{2}}b^{-\epsilon _{1}}\rangle }

mit ϵ k := ( 1 ) [ k p q ] {\displaystyle \epsilon _{k}:=\left(-1\right)^{\left[{\frac {kp}{q}}\right]}} .

Die inkompressiblen Flächen in den Komplementen von 2-Brückenknoten wurden von Hatcher und Thurston klassifiziert.[7] Insbesondere bewiesen sie, dass es keine geschlossenen inkompressiblen Flächen gibt. Wenn K ( p , q ) {\displaystyle K(p,q)} kein Torusknoten ist, dann gibt jede Dehn-Chirurgie eine irreduzible 3-Mannigfaltigkeit und fast alle Dehn-Chirurgien geben Mannigfaltigkeiten, die keine Haken-Mannigfaltigkeit und auch keine Seifert-Faserung sind.

Bereits Schubert bewies, dass die 2-fachen verzweigten Überlagerungen Linsenräume sind. Die Klassifikation aller endlichen verzweigten Überlagerungen wurde von Minkus erarbeitet.[8]

Die Komplemente hyperbolischer 2-Brückenknoten (mit Ausnahme des Achterknotens) sind zu keinen anderen Knotenkomplementen außer sich selbst kommensurabel.[9]

Es gibt Formeln für die Berechnung des HOMFLY-Polynoms und insbesondere des Jones-Polynoms von 2-Brücken-Knoten.[10]

Siehe auch

Literatur

  • Horst Schubert: Knoten mit zwei Brücken, Mathematische Zeitschrift 65, 133–170 (1956). doi:10.1007/BF01473875
  • John Conway: An enumeration of knots and links, and some of their algebraic properties. Computational Problems in Abstract Algebra (Proc. Conf., Oxford, 1967) 329–358, Pergamon, Oxford (1970). PDF
  • Laurent Siebenmann: Exercices sur les noeuds rationnels, Université Paris-Sud (1975).
  • Louis H. Kauffman, Sofia Lambropoulou: On the classification of rational knots, L' Enseignement Mathématique, 49, 357–410 (2003). ArXiv
  • C. C. Adams, Das Knotenbuch. Einführung in die mathematische Theorie der Knoten, Spektrum Akademischer Verlag (1995) ISBN 3860253387

Tabelle rationaler Knoten mit bis zu 16 Kreuzungen

Einzelnachweise

  1. Exercise 9.2.6 in: Kunio Murasugi: Knot theory & its applications. Translated from the 1993 Japanese original by Bohdan Kurpita. Reprint of the 1996 translation, Modern Birkhäuser Classics. Birkhäuser Boston, Inc., Boston, MA, 2008. ISBN 978-0-8176-4718-6
  2. Carl Bankwitz, Hans Georg Schumann: Über Viergeflechte. Abh. Math. Sem. Univ. Hamburg 10 (1934), no. 1, 263–284.
  3. Murasugi, op.cit., S. 189.
  4. Schubert, op. cit.
  5. Jennifer Schultens: Bridge numbers of torus knots. Math. Proc. Cambridge Philos. Soc. 143 (2007), no. 3, 621–625. (Der Satz geht ursprünglich auf Horst Schubert zurück.)
  6. KnotInfo:
    • Tabelle der 2-Brücken-Knoten
    • Berechnung aller Invarianten
  7. Allen Hatcher, William Thurston: Incompressible surfaces in 2-bridge knot complements. Invent. Math. 79 (1985), no. 2, 225–246.
  8. Jerome Minkus: The branched cyclic coverings of 2 bridge knots and links. Mem. Amer. Math. Soc. 35 (1982), no. 255
  9. Alan Reid, Genevieve Walsh: Commensurability classes of 2-bridge knot complements. Algebr. Geom. Topol. 8 (2008), no. 2, 1031–1057.
  10. Shigekazu Nakabo: Formulas on the HOMFLY and Jones polynomials of 2-bridge knots and links. Kobe J. Math. 17 (2000), no. 2, 131–144.