Arithmetische Folge

Eine arithmetische Folge (auch: arithmetische Progression) ist in der Mathematik eine Zahlenfolge, bei der benachbarte Folgenglieder stets den gleichen Abstand haben. Ein Beispiel ist die Folge der ungeraden Zahlen 1 ,   3 ,   5 ,   7 ,   9 ,   11 , {\displaystyle 1,\ 3,\ 5,\ 7,\ 9,\ 11,\ldots } , bei der alle benachbarten Glieder den Abstand 2 haben. Die Summierung der Folgenglieder einer arithmetischen Folge ergibt eine arithmetische Reihe.

Definition

Eine Zahlenfolge ( a n ) {\displaystyle \left(a_{n}\right)} heißt arithmetische Folge, wenn die Differenz zweier aufeinanderfolgender Glieder konstant ist, d. h. stets ein und derselben Zahl entspricht. Wird diese Zahl mit d {\displaystyle d} bezeichnet, so bedeutet dies, dass für jeden Folgenindex n {\displaystyle n} gilt:[1]

a n + 1 a n = d . {\displaystyle a_{n+1}-a_{n}=d.}

Berechnung

Durch Umstellen der Definitionsgleichung erhält man

a n + 1 = a n + d {\displaystyle a_{n+1}=a_{n}+d} .

Bei einer arithmetischen Folge entsteht das jeweils nächste Folgenglied also aus dem vorhergehenden Folgenglied durch Addition der konstanten Differenz d {\displaystyle d} . Dieser Zusammenhang liefert eine Rekursionsvorschrift zur Berechnung aller Folgenglieder. Alternativ lässt sich jedes Folgenglied auch direkt berechnen. Zur Herleitung einer entsprechenden Formel benutzt man wiederholt die Rekursionsvorschrift und setzt die Zwischenergebnisse ein:

a 2 = a 1 + d a 3 = a 2 + d = ( a 1 + d ) + d = a 1 + 2 d a 4 = a 3 + d = ( a 1 + 2 d ) + d = a 1 + 3 d {\displaystyle {\begin{aligned}a_{2}&=a_{1}+d\\a_{3}&=a_{2}+d=(a_{1}+d)+d=a_{1}+2d\\a_{4}&=a_{3}+d=(a_{1}+2d)+d=a_{1}+3d\\&\vdots \end{aligned}}}

Allgemein erhält man für das n {\displaystyle n} -te Glied a n {\displaystyle a_{n}} die Formel

a n = a 1 + ( n 1 ) d {\displaystyle a_{n}=a_{1}+(n-1)\cdot d} .

Beispiele

  • Die Folge der natürlichen Zahlen ist eine arithmetische Folge mit Anfangsglied a 1 = 1 {\displaystyle a_{1}=1} (bzw. a 0 = 0 {\displaystyle a_{0}=0} , wenn man die Null zu den natürlichen Zahlen zählt) und d = 1 {\displaystyle d=1} .
  • Die Multiplikationsreihen des Einmaleins („Einerreihe“, „Zweierreihe“, „Dreierreihe“ etc.) sind arithmetische Folgen. Bei der Sechserreihe 6 , 12 , 18 , 24 , 30 , {\displaystyle 6,12,18,24,30,\ldots } zum Beispiel ist a 1 = 6 {\displaystyle a_{1}=6} und d = 6 {\displaystyle d=6} . Das n {\displaystyle n} -te Glied der Sechserreihe ist das n {\displaystyle n} -fache von 6: a n = 6 n {\displaystyle a_{n}=6n} .
  • Jede konstante Folge a , a , a , {\displaystyle a,a,a,\ldots } ist eine arithmetische Folge mit a 0 = a {\displaystyle a_{0}=a} und d = 0 {\displaystyle d=0} .
  • Die arithmetische Folge mit dem Anfangsglied a 0 = 25 {\displaystyle a_{0}=25} und der Differenz d = 3 / 2 {\displaystyle d=-3/2} lautet 25 ,   23 1 2 ,   22 ,   20 1 2 ,   19 ,   17 1 2 ,   16 ,   14 1 2 ,   13 , {\displaystyle 25,\ 23{\tfrac {1}{2}},\ 22,\ 20{\tfrac {1}{2}}{},\ 19,\ 17{\tfrac {1}{2}},\ 16,\ 14{\tfrac {1}{2}},\ 13,\dots } Mithilfe der geschlossenen Formel lässt sich jedes Glied direkt berechnen, zum Beispiel das Glied a 6 {\displaystyle a_{6}} als a 6 = a 0 + 6 d = 25 + 6 ( 3 / 2 ) = 16 {\displaystyle a_{6}=a_{0}+6\cdot d=25+6\cdot (-3/2)=16} .

Namensherkunft

Die Bezeichnung „arithmetische Folge“ leitet sich aus dem arithmetischen Mittel ab. Jedes Glied einer arithmetischen Folge a i {\displaystyle a_{i}} mit i > 0 {\displaystyle i>0} ist das arithmetische Mittel seiner Nachbarglieder.[2][3] Dies kann man unter Zuhilfenahme der Beziehung a i = a i 1 + d {\displaystyle a_{i}=a_{i-1}+d} bzw. a i 1 = a i d {\displaystyle a_{i-1}=a_{i}-d} zeigen:

a i + 1 + a i 1 2 = a i + d = a i + 1 + a i d = a i 1 2 = 2 a i 2 = a i {\displaystyle {\frac {a_{i+1}+a_{i-1}}{2}}={\frac {\overbrace {a_{i}+d} ^{=a_{i+1}}+\overbrace {a_{i}-d} ^{=a_{i-1}}}{2}}={\frac {2a_{i}}{2}}=a_{i}} .

Differenzenfolge

Die Folge der Differenzen zweier aufeinanderfolgender Glieder nennt man Differenzenfolge.

Bei einer arithmetischen Folge ist die Differenzenfolge konstant: für jedes i > 0   {\displaystyle i>0\ } gilt: a i + 1 a i = d   {\displaystyle a_{i+1}-a_{i}=d\ } .

Ungerade Zahlen

Die Differenz zweier aufeinanderfolgender ungerader natürlicher Zahlen ist immer 2. Also ergibt sich als Differenzenfolge die Folge, die nur aus Zweien besteht:

1   {\displaystyle 1\ } 3   {\displaystyle 3\ } 5   {\displaystyle 5\ } 7   {\displaystyle 7\ } 9   {\displaystyle 9\ } 11   {\displaystyle 11\ } 13   {\displaystyle 13\ } . . .   {\displaystyle ...\ }
2   {\displaystyle 2\ } 2   {\displaystyle 2\ } 2   {\displaystyle 2\ } 2   {\displaystyle 2\ } 2   {\displaystyle 2\ } 2   {\displaystyle 2\ } . . .   {\displaystyle ...\ }

Primzahlfolge

Beispiel einer arithmetischen Progression von Primzahlen mit dem konstanten Abstand 210:[4]

199   {\displaystyle 199\ } 409   {\displaystyle 409\ } 619   {\displaystyle 619\ } 829   {\displaystyle 829\ } 1039   {\displaystyle 1039\ } 1249   {\displaystyle 1249\ } 1459   {\displaystyle 1459\ } 1669   {\displaystyle 1669\ } 1879   {\displaystyle 1879\ } 2089   {\displaystyle 2089\ }
210   {\displaystyle 210\ } 210   {\displaystyle 210\ } 210   {\displaystyle 210\ } 210   {\displaystyle 210\ } 210   {\displaystyle 210\ } 210   {\displaystyle 210\ } 210   {\displaystyle 210\ } 210   {\displaystyle 210\ } 210   {\displaystyle 210\ }

Die Folge endet nach 10 Gliedern (AP-10). Die Differenz selbst ist ein Primorial (210 = 2·3·5·7). Terence Tao und Ben Green bewiesen, dass es beliebig lange derartige arithmetische Progressionen von Primzahlen geben muss (Satz von Green-Tao).[5] Die längste bisher bekannte Folge wurde 2019 gefunden und besteht aus 27 Elementen (AP-27).[6]

Arithmetische Folgen höherer Ordnung

Folgen, die sich auf eine arithmetische Folge zurückführen lassen, nennt man arithmetische Folgen höherer Ordnung. Es handelt sich dabei genau um diejenigen Folgen, die sich durch eine Polynomfunktion beschreiben lassen; die Ordnung ist dabei der Grad des Polynoms.

Berechnung

Formeln zur Berechnung von Partialsummen arithmetischer Folgen allgemeiner Ordnung:

  • i = 1 n i = n ( n + 1 ) 2 {\displaystyle \sum _{i=1}^{n}i={\frac {n(n+1)}{2}}}
  • i = 1 n i 2 = n ( n + 1 ) ( 2 n + 1 ) 6 {\displaystyle \sum _{i=1}^{n}i^{2}={\frac {n(n+1)(2n+1)}{6}}}
  • i = 1 n i 3 = ( n ( n + 1 ) 2 ) 2 {\displaystyle \sum _{i=1}^{n}i^{3}=\left({\frac {n(n+1)}{2}}\right)^{2}}

Im allgemeinen Fall gilt die Faulhabersche Formel:

  • i = 1 n i p = ( n + 1 ) p + 1 p + 1 + k = 1 p B k p k + 1 ( p k ) ( n + 1 ) p k + 1 {\displaystyle \sum _{i=1}^{n}i^{p}={\frac {(n+1)^{p+1}}{p+1}}+\sum _{k=1}^{p}{\frac {B_{k}}{p-k+1}}{p \choose k}(n+1)^{p-k+1}} .

Dabei bezeichnet B k {\displaystyle B_{k}} die k {\displaystyle k} -te Bernoulli-Zahl.

Quadratzahlen

Folge: 0   {\displaystyle 0\ } 1   {\displaystyle 1\ } 4   {\displaystyle 4\ } 9   {\displaystyle 9\ } 16   {\displaystyle 16\ } 25   {\displaystyle 25\ } 36   {\displaystyle 36\ } 49   {\displaystyle 49\ } . . .   {\displaystyle ...\ }
1. Differenzenfolge: 1   {\displaystyle 1\ } 3   {\displaystyle 3\ } 5   {\displaystyle 5\ } 7   {\displaystyle 7\ } 9   {\displaystyle 9\ } 11   {\displaystyle 11\ } 13   {\displaystyle 13\ } . . .   {\displaystyle ...\ }
2. Differenzenfolge: 2   {\displaystyle 2\ } 2   {\displaystyle 2\ } 2   {\displaystyle 2\ } 2   {\displaystyle 2\ } 2   {\displaystyle 2\ } 2   {\displaystyle 2\ } . . .   {\displaystyle ...\ }

Bei der Folge der Quadratzahlen handelt es sich also um eine arithmetische Folge 2. Ordnung.

Tetraederzahlen

Folge: 0   {\displaystyle 0\ } 1   {\displaystyle 1\ } 4   {\displaystyle 4\ } 10   {\displaystyle 10\ } 20   {\displaystyle 20\ } 35   {\displaystyle 35\ } 56   {\displaystyle 56\ } 84   {\displaystyle 84\ } . . .   {\displaystyle ...\ }
1. Differenzenfolge: 1   {\displaystyle 1\ } 3   {\displaystyle 3\ } 6   {\displaystyle 6\ } 10   {\displaystyle 10\ } 15   {\displaystyle 15\ } 21   {\displaystyle 21\ } 28   {\displaystyle 28\ } . . .   {\displaystyle ...\ }
2. Differenzenfolge: 2   {\displaystyle 2\ } 3   {\displaystyle 3\ } 4   {\displaystyle 4\ } 5   {\displaystyle 5\ } 6   {\displaystyle 6\ } 7   {\displaystyle 7\ } . . .   {\displaystyle ...\ }
3. Differenzenfolge: 1   {\displaystyle 1\ } 1   {\displaystyle 1\ } 1   {\displaystyle 1\ } 1   {\displaystyle 1\ } 1   {\displaystyle 1\ } . . .   {\displaystyle ...\ }

Die Folge der Tetraederzahlen ist eine arithmetische Folge 3. Ordnung. Die Polynomfunktion, welche die Folge beschreibt, lautet:

a n = n ( n + 1 ) ( n + 2 ) 6 = 1 6 ( n 3 + 3 n 2 + 2 n ) {\displaystyle a_{n}={\frac {n(n+1)(n+2)}{6}}={\frac {1}{6}}\cdot (n^{3}+3n^{2}+2n)} .

Der größte Exponent bestimmt den Grad der Polynomfunktion, und das ist in diesem Fall die drei.

Wie man der Tabelle entnehmen kann, ist auch die Folge der Dreieckszahlen (1. Differenzenfolge) eine arithmetische Folge 2. Ordnung.

Siehe auch

  • Geometrische Folge

Einzelnachweise

  1. Walter Purkert, Alexander Herzog: Brückenkurs Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler. 9. Auflage. Springer Gabler, Wiesbaden 2022, ISBN 978-3-658-36741-1, S. 96. 
  2. Reinhold Pfeiffer: Grundlagen der Finanzmathematik: mit Potenzen, Wurzeln, Logarithmen, arithmetischen und geometrischen Folgen. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-322-87946-2, S. 77. 
  3. Stasys Jukna: Crashkurs Mathematik: für Informatiker. Springer-Verlag, 2008, ISBN 978-3-8351-0216-3, S. 197. 
  4. Eric W. Weisstein: Prime Arithmetic Progression. In: MathWorld (englisch).
  5. Ben Green; Terence Tao: The primes contain arbitrarily long arithmetic progressions. In: Annals of Mathematics 167 (2008), Nr. 2, S. 481–547. Vgl. David Conlon; Jacob Fox; Yufei Zhao: The Green–Tao theorem. An exposition. In: EMS Surveys in Mathematical Sciences 1 (2014), Nr. 2, S. 249–282.
  6. Primes in Arithmetic Progression Records. Jens Kruse Andersen, abgerufen am 5. Januar 2021 (englisch).