Borotba

Dieser Artikel befasst sich mit der Organisation in der Ukraine, für Informationen zum gleichnamigen Ort im Norden der Ukraine siehe Borotba (Ort).

Die Vereinigung „Borotba“ („Kampf“; ukrainisch Боротьба; Ob’jednannja «Borot’ba» / Об’єднання «Боротьба»; Aussprache: [bɔrɔdʲˈba]) ist eine linke Organisation in der Ukraine. Die Gruppe definiert sich als revolutionär, marxistisch-leninistisch[1] und antifaschistisch. Teile der ukrainischen Linken werfen der Borotba hingegen militaristische bzw. prorussisch-nationalistische Positionen vor.

Geschichte und Positionen

Die Organisation wurde im Mai 2011 nach der Vereinigung eines Teils der Organisation der Marxisten (Організація марксистів), der Jugendorganisation „Che Guevara“ (Молодіжна організація «Че Гевара»), der Bewegung Jugend gegen Kapitalismus (Молодь проти капіталізму) sowie Aktivisten des Leninschen Kommunistischen Jugendverbandes der Ukraine (Ленинского коммунистического союза молодёжи Украины, Komsomol), der Kommunistischen Partei der Ukraine und der „Allukrainischen Arbeitergewerkschaft“ gegründet. Am Gründungskongress nahmen Delegierte aus Kiew, Donezk, Odessa, Dnipropetrowsk, von der Krim, aus Winnyzja, Luhansk, Kriwoj Rog und anderen ukrainischen Städten teil. Auch ausländische Gäste aus Schweden und Russland waren anwesend.[2] Borotba hat Verbindungen zur Linken Front (Левый фронт) in Russland.[3]

Borotba zufolge beteiligte man sich zunächst an den Protesten am Euromaidan in Kiew, zog sich jedoch zurück, nachdem dort – in den Augen der Organisation – rechte Kräfte die Oberhand gewonnen hatten und es mehrfach zu Gewalt gegen die Organisation und deren Aktivisten gekommen sei.[4]

Borotba verurteilte den Sturz von Präsident Janukowytsch und den Regierungswechsel im Februar 2014 als „vom Westen unterstützten faschistischen Putsch“ und rief zu einer sozialistischen Revolution in der Ukraine gegen die Regierung der „Ultraliberalen und Nazis“ auf.[5]

Am 1. März 2014 stürmte die Borotba zusammen mit pro-russischen nationalistischen Organisationen das von Maidan-Aktivisten besetzte Verwaltungsgebäude von Charkiw.[6] Borotba bezeichnete den Sturm als "antinationalistische" Aktion gegen rechte (pro-ukrainische) Gruppen, u. a. den Rechten Sektor.[7] Nach Angaben linker Organisationen und des bekannten ukrainischen Schriftstellers Serhij Schadan wurden anschließend die Besetzer durch einen "Korridor der Schande" geführt, in dem die ehemaligen Besetzer, darunter auch linke Aktivisten, geschlagen wurden[8]. Am 15. April 2014 kam es zu einer Hausdurchsuchung bei der Borotba, bei der nach Angaben des ukrainischen Fernsehsenders Telekanal 24, im Charkiwer Büro der Organisation 20 Molotowcocktails gefunden wurden[9].

Bei den Ausschreitungen von Odessa am 2. Mai 2014 wurde das Borotba-Mitglied Andrej Brashewski nach Angaben der Organisation von einem nationalistischen[10] Mob[11] erschlagen.[12][13][14] Seit diesem und weiteren Angriffen auf Mitglieder und Büros von Borotba agiere die Organisation nur mehr im Untergrund.[15]

Der Anführer der Odessiter Regionalorganisation der Borotba, Aleksej Albu, begab sich auf die von der Russischen Föderation annektierte Krim, wo er am 24. Mai 2014 zusammen mit einem Vertreter der rechtskonservativen Partei "Rodina" (Heimat), Aleksandr Wasiljew, und einem Vertreter der Neonazi-Organisation "Slawische Einheit", Dmitrij Odninow, ein "Komitee zur Befreiung von Odessa" ins Leben rief.[16][17]

Zur Führung von Borotba gehören Jewgenij Golschkin, Sergej Kiritschuk, Jewgenij Wallenberg, Andrej Mantschuk, Wassilij Terestschuk, Wiktor Schapinow und Denis Lewin.

Kritik

Mehrere linksradikale und anarchistische Organisationen in der Ukraine werfen Borotba vor, mit "konservativen, nationalistischen und radikal rechte[n]" pro-russischen Gruppen zusammengearbeitet zu haben und „offenkundige Lügen und Verdrehungen der Tatsachen“ zu verbreiten, um „ausländische Linke und Antifaschisten zu täuschen“.[18][19]

Borotba weist die Vorwürfe zurück und wirft seinerseits diesen Gruppen vor, „ihren ‚linken Charakter‘ am Euromaidan zu verstecken und dabei in Wirklichkeit mitgeholfen (zu haben), offene Nazis an die Macht zu bringen sowie einen anderen Oligarchenklan, der die Kredite und Sparmaßnahmen des IWF akzeptiert“. Die Unterzeichner der „verleumderischen Erklärung“ gegen Borotba „geben sich anti-konservativ und unterstützen gleichzeitig den nationalistischen, klerikalen und antisemitischen Protest am Euromaidan“, schreibt Borotba.[20]

Ende Juni 2014 wurden weitere Vorwürfe über militaristische, homophobe und antisemitische Tendenzen[21] bei der Borotba laut, woraufhin eine gemeinsame Veranstaltung der Partei Die Linke mit Borotba am 2. Juli 2014 in Hamburg[22] und eine Veranstaltung am 3. Juli 2014 in Kiel[23] abgesagt wurde. In einer von der Koordination Regionalbüros der Bundestagsfraktion der LINKEN und von Landesverbänden weitergeleiteten Erklärung wurde die Absage von Veranstaltungen im norddeutschen Raum mit dem "teilweise extrem missverständliche[n] Bild, welches Borotba [...] in der öffentlichen Wahrnehmung abgeben" würde, begründet.[22] Zuvor war kritisiert worden, der im Berliner Exil lebende Gründer der Borotba, Sergej Kiritschuk, habe versucht, zwei russische "Nazis im Nadelstreifen"[24] an linke Initiativen zu vermitteln[25]. Kiritschuk gibt an, sie nicht näher gekannt und sie für „bürgerliche Journalisten“ gehalten zu haben.[26]

Siehe auch

Weblinks

  • www.borotba.su Offizielle Website
  • Stephan Lindner: Im Bürgerkrieg sind weder Wahlen noch Referenden möglich, neues deutschland, 10. Mai 2014 (Interview mit Sergej Kiritschuk).
  • Erklärung linker und anarchistischer Organisationen zu der Vereinigung “Borot'ba” Автономної Спілки Трудящих / Autonomous Workers’ Union, 4. März 2014
  • Wasilij Schapkirman, Rachil' Kronschtadtskaja: Von Kleinkriminellen zu Mördern. Abriss über die politische Evolution der Stalinisten am Beispiel der Organisation Borot'ba Indymedia, 23. Juni 2014 (Übersetzung eines Artikels aus dem Webportal ukrainischer Anarchisten nihilist.li От мелких мошенников до убийц. Очерк о политической эволюции сталинистов на примере организации Боротьба)
  • Nelia Vakhovska: Ukrainische Linke - gibt's da was? Rosa-Luxemburg-Stiftung, 20. Juni 2014
  • Bert Eder: Ukraine: "Parlamentswahl wird Rechtsparteien stärken" Der Standard, 2. Juli 2014.

Einzelnachweise

  1. Volodymyr Ishchenko (NaUKMA, Department of Sociology). Ukrainian New Left and Grassroots Social Protests: A Thorny Way to Hegemony, presented at the “Making the World Working Class” Tenth Annual Historical Materialism conference, London, 7.–10. November 2013.
  2. borotba.org: History (Memento vom 20. April 2014 im Internet Archive) (englisch)
  3. Ukraine's Borotba association ready to help Left Front in case of persecution and arrest of its activists in Russia, Interfax Ukraine, 13. September 2012.
  4. Ukraine: "Parlamentswahl wird Rechtsparteien stärken", Der Standard vom 2. Juli 2014
  5. borotba.org: The government of ultraliberals and Nazis (Memento vom 21. April 2014 im Internet Archive) (englisch)
  6. borotba.org: Borot'ba während der Proteste im Südosten (Memento vom 23. Juni 2014 im Internet Archive) (russisch). Originaltext: Координатор харьквоской «Боротьбы» Денис Зайцев: «Сегодня, ударная группа харьковской «Боротьбы», вместе с другими антинационалистическими силами взяли штурмом областную госадминистрацию». Übersetzt: Der Koordinator der Charkiwer Borot'ba Denis Zajcev: "Heute nahm die Schlagende Gruppe der Charkiwer "Borotba" zusammen mit antinationalistischen Gruppen die Regionalverwaltung ein."
  7. borotba.org: Borot'ba während der Proteste im Südosten (Memento vom 23. Juni 2014 im Internet Archive) (russisch). Originaltext: «Страшный и ужасный» Правый Сектор был повержен и поставлен на колени в центре площади Übersetzt: Der "fürchterliche" und "schreckerregende" Rechte Sektor wurde überwunden und auf dem Zentrum des Platzes auf die Knie gezwungen.
  8. Erklärung linker und anarchistischer Organisationen zu der Vereinigung Borot'ba Avtonomia.net, abgerufen am 4. Juli 2014
  9. In Charkiw wurden "Molotow-Cocktails" bei einer pro-russischen Organisation gefunden Telekanal 24 (ukrainisch), abgerufen am 4. Juli 2014
  10. Nick Cumming-Bruce: U.N. Finds Rising Human Rights Violations in Ukraine, New York Times, 16. Mai 2014.
  11. Ukraine: Was geschah im Gewerkschaftshaus?, Das Erste, „Weltspiegel“, 11. Mai 2014; Benjamin Bidder: Die Retter von Odessa: Helden neben Mördern, Spiegel, 6. Mai 2014; Tom McCarthy, Alan Yuhas, Matthew Weaver, Mark Tran: Ukraine: Dozens killed in building fire in Odessa, ministry says, The Guardian, 2. Mai 2014.
  12. Statement by the Congress of South African Trade Unions, condems the attack on trade union buildings in Ukraine, COSATU/Polity.org.za, 8. Mai 2014
  13. borotba.org: Neo-Nazi terror in Odessa – More than 40 killed, hundreds injured (Memento vom 30. Mai 2014 im Internet Archive) (englisch)
  14. Odessa, Ukraine: Right Sector and Maidan activists murder at least 43 persons, Ukrainian Committee for Human Rights, 3. Mai 2014
  15. borotba.org: Junta launches repressions against Borotba activists: Statement of the union ‘Borotba’ (Struggle) (Memento vom 12. Mai 2014 im Internet Archive) (englisch)
  16. borotba.org: Auf der Krim wurde das Komitee zur Befreiung Odessas gegründet (Memento vom 14. Juli 2014 im Internet Archive) (russisch)
  17. Geflohene Abgeordnete gründen auf der Krim ein "Komitee zur Befreiung Odessas" ipress.ua (Russisch) 22. Mai 2014, abgerufen am 11. Juli 2014. Zitat: "Die Organisation wurde von einem Mitglied des Stadtrates der Partei "Rodina" (Heimat), Aleksandr Wasilev, einem Abgeordneten des Regionalrates, dem Anführer der Regionalorganisation der Bor'ba (russisch für Borot'ba) Aleksej Albu und dem Anführer der "Odessitschen Rotte" Dmitrij Odinow gegründet, der gleichzeitig Vorsitzender der rechtsextremen 'Slawischen Einheit' ist."
  18. Statement of left and anarchist organizations about “Borotba” organization, Autonomous Workers’ Union, abgerufen am 20. Mai 2014.
  19. Nelia Vakhovska: Ukrainische Linke - war da was? Rosa Luxemburg Stiftung, abgerufen am 4. Juli 2014
  20. borotba.org: Statement of the union ‘Borotba’ over recent smear campaign against anti-fascists in Ukraine (Memento vom 29. Mai 2014 im Internet Archive) (englisch)
  21. linksunten.indymedia.org: Von Kleinkriminellen zu Mördern. Abriss über die politische Evolution der Stalinisten am Beispiel der Organisation Borot'ba (Memento vom 14. Juli 2014 im Internet Archive)
  22. a b Die Linke, Landesverband Hamburg: Vom Maidan in den Bürgerkrieg? (Memento vom 22. Juli 2014 im Internet Archive)
  23. Kieler Friedensarbeit: Friede, Freiheit, Brot (Memento vom 14. Juli 2014 im Internet Archive)
  24. “Nazis im Nadelstreifen”: Stanislav Byshok und Alexey Kochetkov Blog "invia 1200", abgerufen am 4. Juli 2014
  25. Von Borot'ba vermittelte Nazi-Veranstaltung abgesagt, Indymedia, abgerufen am 4. Juli 2014
  26. Andrej Hunko: Zur ukrainischen Linken und der Kampagne gegen „Borotba“, 9. Juli 2014