Gelfand-Tripel

Das Gelfand-Tripel (auch Gelfandscher Dreier, Banach-Gelfand-Tripel oder ausgerüsteter Hilbert-Raum) bezeichnet in der Funktionalanalysis ein Raum-Tripel ( V , H , V ) , {\displaystyle (V,H,V^{*}),} bestehend aus einem Hilbert-Raum H {\displaystyle H} , einem Banach-Raum (oder allgemeiner topologischen Vektorraum) V {\displaystyle V} und seinem Dualraum V {\displaystyle V^{*}} . Der Raum V {\displaystyle V} wird so gewählt, dass V {\displaystyle V} ein dicht liegender Unterraum von H {\displaystyle H} ist und seine Inklusion stetig ist. Diese Konstruktion hat nun den Vorteil, dass sich Elemente aus H {\displaystyle H} mittels des Darstellungssatzes von Fréchet-Riesz als Elemente des Dualraumes V {\displaystyle V^{*}} identifizieren lassen.

Das Gelfand-Tripel ist nach Israel Gelfand benannt.

Definition

Sei ( H , , H ) {\displaystyle (H,\langle \cdot ,\cdot \rangle _{H})} ein separabler Hilbert-Raum und V H {\displaystyle V\subset H} ein darin dicht liegender topologischer Vektorraum und die Inklusion i 1 : V H {\displaystyle i_{1}:V\hookrightarrow H} sei stetig. H {\displaystyle H^{*}} und V {\displaystyle V^{*}} bezeichnen die dazugehörigen Dualräume.

Dann gilt die dichte Inklusion

V H V , {\displaystyle V\subset H\subset V^{*},}

in dem wir H {\displaystyle H} mit H {\displaystyle H^{*}} über die Riesz-Darstellung identifizieren. Das Tripel ( V , H , V ) {\displaystyle (V,H,V^{*})} nennt man Gelfand-Tripel.

Herleitung im Fall wenn V ein reflexiver Banach-Raum ist

Sei ( H , , H ) {\displaystyle (H,\langle \cdot ,\cdot \rangle _{H})} ein separabler Hilbert-Raum, V H {\displaystyle V\subset H} ein darin dicht liegender reflexiver Banach-Raum und die Inklusion i 1 : V H {\displaystyle i_{1}:V\hookrightarrow H} sei stetig. Die Separabilität von H {\displaystyle H} garantiert uns die Existenz eines in H {\displaystyle H} dicht liegenden Unterraumes.

Es folgt aus diesen Eigenschaften, dass folgende dichte Inklusion gilt

V H V , {\displaystyle V\subset H\subset V^{*},}

in dem wir H {\displaystyle H} mit H {\displaystyle H^{*}} identifizieren.

Es gilt nun für alle h H , v V {\displaystyle h\in H,v\in V}

h , v H = V h , x V {\displaystyle \langle h,v\rangle _{H}={}_{V^{*}}\langle h,x\rangle _{V}}

wobei die rechte Seite die duale Paarung bezeichnet. Das Tripel ( V , H , V ) {\displaystyle (V,H,V^{*})} ist ein Gelfand-Tripel.[1]

Herleitung der Inklusion

Es lässt sich zeigen, dass auch H V {\displaystyle H^{*}\subset V^{*}} dicht liegt und die Inklusion i 2 : H V {\displaystyle i_{2}:H^{*}\hookrightarrow V^{*}} stetig ist (folgt direkt aus der Reflexivität von V {\displaystyle V} ). Für ein φ H {\displaystyle \varphi \in H^{*}} und x H {\displaystyle x\in H} definieren wir die duale Paarung

H φ , x H := φ ( x ) . {\displaystyle {}_{H^{*}}\langle \varphi ,x\rangle _{H}:=\varphi (x).}

Für jedes φ H {\displaystyle \varphi \in H^{*}} existiert eine eindeutige Riesz-Darstellung h φ H {\displaystyle h_{\varphi }\in H} , so dass

H φ , x H = x , h φ H {\displaystyle {}_{H^{*}}\langle \varphi ,x\rangle _{H}=\langle x,h_{\varphi }\rangle _{H}}

für alle x H {\displaystyle x\in H} gilt. Deshalb können wir H {\displaystyle H^{*}} mit H {\displaystyle H} identifizieren H H {\displaystyle H\cong H^{*}} und daraus folgt die Inklusion

V H V {\displaystyle V\subset H\subset V^{*}}

und auch i 3 : H V {\displaystyle i_{3}:H\hookrightarrow V^{*}} ist stetig.

Beispiele und Anwendungen

  • Sei L 2 ( R n ) {\displaystyle L^{2}(\mathbb {R} ^{n})} ein Lp-Raum, S ( R n ) {\displaystyle {\mathcal {S}}(\mathbb {R} ^{n})} der Schwartz-Raum und S ( R n ) {\displaystyle {\mathcal {S}}'(\mathbb {R} ^{n})} der Raum der temperierten Distributionen. Dann ist das Tripel ( S , L 2 , S ) {\displaystyle ({\mathcal {S}},L^{2},{\mathcal {S}}')} ein Gelfand-Tripel.
  • Seien 1 , 2 , {\displaystyle \ell ^{1},\ell ^{2},\ell ^{\infty }} die Folgenräume der beschränkten Folgen. Dann ist das Tripel ( 1 , 2 , ) {\displaystyle (\ell ^{1},\ell ^{2},\ell ^{\infty })} ein Gelfand-Tripel.
  • Sei Ω R n {\displaystyle \Omega \subset \mathbb {R} ^{n}} offen, L 2 ( Ω ) {\displaystyle L^{2}(\Omega )} ein Lp-Raum. Mit H 0 1 , p ( Ω ) {\displaystyle H_{0}^{1,p}(\Omega )} für p [ 2 , ) {\displaystyle p\in [2,\infty )} wird der (beschränkte) Sobolew-Raum H 0 1 , p ( Ω ) = C c ( Ω ) ¯ {\displaystyle H_{0}^{1,p}(\Omega )={\overline {C_{c}^{\infty }(\Omega )}}} und mit H 1 , p := ( H 0 1 , p ( Ω ) ) {\displaystyle H^{-1,p}:=(H_{0}^{1,p}(\Omega ))^{*}} sein Dualraum bezeichnet. Dann ist ( H 0 1 , p , L 2 , H 1 , p ) {\displaystyle (H_{0}^{1,p},L^{2},H^{-1,p})} ein Gelfand-Tripel.[1]
  • In der White-Noise-Analysis: sei S 1 {\displaystyle S_{1}} der Kondratiew-Raum der stochastischen Test-Funktionen, W {\displaystyle {\mathcal {W}}} der Raum des weißen Rauschen, S 1 {\displaystyle S_{-1}} der Kondratiew-Raum der stochastischen Distributionen. Dann ist ( S 1 , W , S 1 ) {\displaystyle (S_{1},{\mathcal {W}},S_{-1})} ein Gelfand-Tripel.

Anwendungen

Sei ( H 0 1 , p , L 2 , H 1 , p ) {\displaystyle (H_{0}^{1,p},L^{2},H^{-1,p})} das Gelfand-Tripel aus dem vorigen Beispiel. Der Laplace-Operator Δ : C 0 ( R n ) L 2 ( R n ) {\displaystyle \Delta \colon C_{0}^{\infty }(\mathbb {R} ^{n})\to L^{2}(\mathbb {R} ^{n})} ist nicht stetig. Sei A = Δ {\displaystyle A=\Delta } die Fortsetzung des Operators auf dem Gelfand-Tripel mit A : H 0 1 , p H 1 , p {\displaystyle A\colon H_{0}^{1,p}\to H^{-1,p}} , dann ist A {\displaystyle A} stetig.

Negative Norm

Ein Gelfandscher Dreier ( V , H , V ) {\displaystyle (V,H,V^{*})} erlaubt die Konstruktion einer sogenannten negativen Norm. Die negative Norm eines Elementes y H {\displaystyle y\in H} wird durch

y 1 := sup x V | x , y H | x V {\displaystyle \|y\|_{-1}:=\sup _{x\in V}{\frac {|\langle x,y\rangle _{H}|}{\|x\|_{V}}}}

definiert und wir notieren den Dualraum ausgestattet mit dieser Norm als V 1 {\displaystyle V^{-1}} .

Es lässt sich folgende Ungleichung für y V {\displaystyle y\in V} herleiten

y 1 K y H C y V {\displaystyle \|y\|_{-1}\leq K\|y\|_{H}\leq C\|y\|_{V}}

für feste Konstanten K , C > 0 {\displaystyle K,C>0} .

Literatur

  • Hans G. Feichtinger: Banach Gelfand Triples for Applications in Physics and Engineering. In: AIP Conference Proceedings. Band 1146, 2009, doi:10.1063/1.3183542. 
  • Israel M. Gelfand, Naum Ya. Vilenkin: Generalized Functions: Some Applications of Harmonic Analysis. Rigged Hilbert Spaces. Hrsg.: Academic Press, New York. 1964. 
  • Monika Dörfler, Hans G. Feichtinger, Karlheinz Gröchenig: Time-Frequency Partitions for Gelfand Triple (S0,L2,S0'). In: Mathematica Scandinavica. Band 98, Nr. 1, 2006, S. 81–96, JSTOR:24493549. 

Einzelnachweise

  1. a b Claudia Prévôt, Michael Röckner: A Concise Course on Stochastic Partial Differential Equations. In: Springer Berlin, Heidelberg (Hrsg.): Lecture Notes in Mathematics. 2007, S. 55–73, doi:10.1007/978-3-540-70781-3 (englisch).