Ostroger Bibel

Titelblatt der Ostroger Bibel

Die Ostroger Bibel ist die erste gedruckte vollständige Bibel in kirchenslawischer Sprache. Sie entstand in der heute ukrainischen Stadt Ostroh in den Jahren 1580/1581. Am Druck wirkte der aus Moskau stammende Erstdrucker Iwan Fedorowytsch mit, ein wichtiger Mitarbeiter im Hinblick auf die Texterstellung war der ruthenische Gelehrte Herasym Smotryzkyj.[1]

Quellen

Die Ostroger Bibel ist keine vollständige Neuübersetzung. Vielmehr wurde eine Abschrift der ersten vollständigen handschriftlichen kirchenslawischen Bibel, der Gennadiusbibel von 1499, zugrunde gelegt. In dieser waren die seit Jahrhunderten überlieferten, teilweise auf Kyrill und Method zurückgehenden biblischen Bücher gesammelt; die auf kirchenslawisch nicht vorhandenen Bücher wurden aus der lateinischen Vulgata übersetzt. Für die Ostroger Bibel wurden nun die aus dem Lateinischen übersetzen Bücher der Gennadiusbibel neu aus der griechischen Septuaginta übersetzt. Neben griechischen Texten standen den Herausgebern u. a. tschechische, polnische und mit der Übersetzung von Francysk Skaryna auch ruthenische Bibeln zur Verfügung, so dass die Erstellung der Ostroger Bibel nach im heutigen Sinne philologischen Prinzipien erfolgte.

Kirchlich-Politische Bedeutung

Finanziert und mit einem Vorwort versehen wurde sie von dem wolhynischen Prinzen Vasyl-Kostiantyn aus dem Fürstenhaus Ostroskyj[2], der damit eine Alternative zu der zuvor in Brest erschienenen calvinistischen, vom Fürstenhaus Radvila finanzierten, polnischen Bibelübersetzung ermöglichte. "Die Tatsache, dass eine kirchenslawische Bibelübersetzung zuerst in Ostroh und nicht in Konstantinopel oder Moskau erschien, zeugt von der gestiegenen Bedeutung, die die Ukraine in der damaligen orthodoxen Welt erlangt hatte."[3].

Als Herausgeber war es wahrscheinlich Herassym Smotryzkyi, der hymnisch schrieb „Wolodomyr erleuchtete das Volk durch die Taufe, während Kostjantyn ihm das Licht der Schriften der heiligen Weisheit brachte“[4]. Die Zeilen gehören zu den ältesten Beispielen ukrainischer Dichtung. Die poetische Widmung an Prinz Vasyl-Kostiantyn Ostroskyj ist eine der ältesten ukrainischen Dichtungen (unsyllabisch) und erinnert an ukrainische Dumkas.

Wirkung

Die Ostroger Bibel hatte eine für damalige Verhältnisse sehr hohe Auflage. Die Angaben hierüber schwanken von 1000 bis 4000 Stück. Durch diese Auflage konnte die Ostroger Bibel normative Kraft entfalten, was sich u. a. dadurch äußert, dass sie eine der Hauptquellen der das Neukirchenslawische kodifizierenden Grammatik des Meletij Smotryzkyj darstellt. Weiterhin war sie die Grundlage der 1663 erschienenen Moskauer Bibel und indirekt auch der Elisabethanischen Bibel von 1751, auf welcher die bis heute gültige kirchenslawische Bibelausgabe beruht. Insofern ist die Bedeutung der Ostroger Bibel für die neuzeitliche kirchenslawische Tradition kaum zu überschätzen.

Literatur

  • Francis J. Thomson: The Slavonic translation of the Old Testament. In: Jože Krašovec (Hrsg.): The interpretation of the Bible. The international Symposium in Slovenia. Sheffield Academic Press, Sheffield 1998, ISBN 1-85075-969-3, S. 605–920 (Journal for the Study of the Old Testament. Supplement Series 289).
  • Roman K. Curkan: Slavjanskij perevod Biblii. Sankt Petersburg 2001. [Link defekt]

Weblinks

Commons: Ostrog Bible – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Weitere Informationen (russisch) [Link defekt]

Einzelnachweise

  1. Diana Klotschko: THE GRAND DUTCHY OF LITHUANIA. In: Treasures of Ukraine: A Nation's Cultural Heritage. Thames & Hudson, London 2022, ISBN 978-0-500-02603-8, S. 98–99. 
  2. https://narodna.pravda.com.ua/history/4ae4b9da9d1bf/ Prinz Konstantin Ostrozkyj als Verteidiger der ukrainischen Orthodoxie (ukrainisch)
  3. Serhii Plokhy: Das Tor Europas. Die Geschichte der Ukraine. Aus dem Englischen von Anselm Bühling u. a. Hoffmann und Campe, Hamburg 2022, S. 121. ISBN 978-3-455-01526-3.
  4. Zitiert bei Serhii Plokhy: Das Tor Europas. Die Geschichte der Ukraine. Aus dem Englischen von Anselm Bühling u. a. Hoffmann und Campe, Hamburg 2022, S. 121. ISBN 978-3-455-01526-3.