Zellkomplex

Ein Zellkomplex oder CW-Komplex ist ein mathematisches Objekt aus dem Bereich der algebraischen Topologie. Es ist eine Verallgemeinerung des Simplizialkomplexes und wurde 1949 von John Henry Constantine Whitehead eingeführt.[1]

Definition

Eine k {\displaystyle k} -Zelle ist ein topologischer Raum, der zu B k := [ 0 , 1 ] k {\displaystyle B^{k}:=[0,1]^{k}} homöomorph ist. Eine offene k {\displaystyle k} -Zelle ist ein topologischer Raum, der zum Inneren von B k {\displaystyle B^{k}} homöomorph ist. k {\displaystyle k} nennt man die Dimension der Zelle.

Ein Zellkomplex oder auch CW-Komplex (closure-finite weak-topology) ist ein Hausdorff-Raum X {\displaystyle X} , der in offene Zellen ( c i ) i I {\displaystyle (c_{i})_{i\in I}} zerfällt, wobei gilt:

  1. zu jeder k {\displaystyle k} -Zelle c i X {\displaystyle c_{i}\subseteq X} existiert eine stetige Abbildung f i : B k X {\displaystyle f_{i}:B^{k}\rightarrow X} so dass das Innere von B k {\displaystyle B^{k}} homöomorph auf c i {\displaystyle c_{i}} und der Rand in eine Vereinigung von endlich vielen Zellen der Dimension < k {\displaystyle <k} abgebildet wird. ( f i {\displaystyle f_{i}} heißt die charakteristische Abbildung der Zelle c i {\displaystyle c_{i}} .)
  2. M X {\displaystyle M\subseteq X} ist genau dann abgeschlossen, wenn M f i ( B k ) {\displaystyle M\cap f_{i}(B^{k})} für alle i I {\displaystyle i\in I} abgeschlossen ist.

Das k {\displaystyle k} -Gerüst eines CW-Komplexes ist die Vereinigung aller seiner Zellen der Dimensionen k {\displaystyle \leq k} .

Ein endlicher CW-Komplex ist ein CW-Komplex aus endlich vielen Zellen.

Eigenschaften

Jeder CW-Komplex ist normal, erfüllt aber nicht unbedingt das erste Abzählbarkeitsaxiom, ist also nicht unbedingt metrisierbar. Jeder CW-Komplex ist lokal zusammenziehbar.

In zusammenhängenden CW-Komplexen gilt der Satz von Whitehead über die Homotopieäquivalenz.

Ein CW-Komplex ist der Kolimes seiner endlichen Unterkomplexe.

Beispiele

  • Jeder Simplizialkomplex ist ein CW-Komplex.
  • Jede offene sternförmige Teilmenge des R k {\displaystyle \mathbb {R} ^{k}} ist ein k-Zelle.[2]
  • R {\displaystyle \mathbb {R} } ist ein CW-Komplex. Betrachte die Zellen c i = ( i , i + 1 ) {\displaystyle c_{i}=(i,i+1)} und die charakteristischen Abbildungen f i : [ 0 , 1 ] R , x i + x {\displaystyle f_{i}:[0,1]\to \mathbb {R} ,x\mapsto i+x} .

Zelluläre Abbildungen

Das n {\displaystyle n} -Gerüst K n {\displaystyle K_{n}} eines CW-Komplexes K {\displaystyle K} ist die Vereinigung aller seiner Zellen der Dimension n {\displaystyle \leq n} .

Eine CW-Abbildung (oder zelluläre Abbildung) ist eine stetige Abbildung f : K L {\displaystyle f\colon K\to L} , die jede n {\displaystyle n} -Zelle von K {\displaystyle K} in das n {\displaystyle n} -Gerüst von L {\displaystyle L} abbildet. (Dabei müssen n {\displaystyle n} -Zellen nicht notwendig auf n {\displaystyle n} -Zellen abgebildet werden.)

Siehe auch

  • Abstrakter Zellkomplex

Literatur

  • Allen Hatcher: Algebraic Topology. Cambridge University Press 2010, ISBN 978-0-521-79540-1, S. 5ff., S. 102ff., S. 106ff
  • D.O. Baladze: CW-complex. In: Michiel Hazewinkel (Hrsg.): Encyclopedia of Mathematics. Springer-Verlag und EMS Press, Berlin 2002, ISBN 1-55608-010-7 (englisch, encyclopediaofmath.org). Vorlage:EoM/id

Einzelnachweise

  1. J. H. C. Whitehead: Combinatorial homotopy, Bull. Amer. Math. Soc., Band 55, 1949, 213–245 (Teil 1), S. 453–496 (Teil 2)
  2. Klaus Jänich: Topologie. 8. Auflage. Springer, 2008, ISBN 978-3-540-21393-2, S. 116.