Walter Rütt

Walter Rütt (1901)
Rütt auf dem Tandem hinter Henry Mayer (1904)

Walter Rütt (* 12. September 1883 in Morsbach; † 23. Juni 1964 in Berlin) war ein deutscher Radrennfahrer.

Sportliche Laufbahn

Walter Rütt gehörte zusammen mit Thaddäus Robl, Willy Arend und August Lehr zu den deutschen Radsport-Stars der ersten Stunde. Am 21. Juni 1900 bestritt er im Alter von 17 Jahren sein erstes Radrennen als Flieger (heute: Sprinter), das er gewann. Seine Überlegenheit bei den nachfolgenden Rennen ließ ihn eine Lizenz als Berufsfahrer lösen.[1] Sein erster Start als Berufsfahrer erfolgte am 14. August 1900 bei der in Köln ausgetragenen Meisterschaft von Europa, die von Franz Verheyen gewonnen wurde. Wenige Wochen später gewann Rütt sein erstes Rennen als Profi, einen Tandemwettbewerb in Aachen, den er gemeinsam mit Franz Verheyen bestritt.[2] Später fuhr er auch Rennen im Ausdauerbereich.

1906 nahm Rütt gemeinsam mit dem niederländischen Fahrer John Stol am Sechstagerennen im Madison Square Garden in New York teil, das sie im Jahr darauf gemeinsam gewannen. Rütts Erfolge hatten wesentlichen Anteil daran, dass in Berlin im März 1909 das erste Sechstagerennen auf europäischem Boden veranstaltet wurde. Er selbst konnte daran nicht teilnehmen, da er sich wegen der versäumten Gestellungspflicht zum Wehrdienst im Ausland aufhielt und es nicht wagte, nach Deutschland zurückzukehren. Zum 2. Berliner Sechstagerennen hatten jedoch viele radsportinteressierte Persönlichkeiten (u. a. Fredy Budzinski) seine Rehabilitierung durchgesetzt, so dass er starten – und mit dem Australier Jack Clark siegen – konnte.[1]

Insgesamt konnte Rütt 933 Siege in 25 Jahren als Berufsfahrer verbuchen, darunter neun Siege bei Sechstage-Rennen, aber auch 173 schwere Stürze. Den Grand Prix de lUCI in Paris gewann er 1907, den Grand Prix d’Angers 1908. 1904 und 1909 gelangen dem vielseitigen Rütt Siege beim Grand Prix de l’UVF, beim Grand Prix de la République und 1913 ein Sieg beim Sprint-Klassiker Grand Prix de Paris sowie beim Großen Preis von Deutschland. 1908 gewann er den Grand Prix de Reims, einen der ältesten Wettkämpfe für Bahnsprinter in Frankreich. 1919 siegte er in der ersten Auflage des Großen Preises von Thüringen nach dem Ersten Weltkrieg, dies war einer seiner vielen Siege in Grand Prix-Wettbewerben für Bahnsprinter. Am 12. Januar 1926 fuhr Rütt im Berliner Sportpalast seine Abschiedsrunde (nach anderen Quellen am 7. Oktober 1926[1]).

Skizze des geplanten Flughafengeländes mit der bisherigen Geländestruktur und der Rütt-Arena nördlich des Tempelhofer Feldes

Nur wenige Monate später erfüllte sich Rütt mit der Eröffnung einer eigenen Radrennbahn in Berlin-Hasenheide, der „Rütt-Arena“, einen Lebenstraum, der allerdings im Jahre 1931 den Flammen zum Opfer fiel. Zum 1. Mai 1937 trat der finanziell ruinierte Rütt der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 4.153.768).[3] Durch die Mitgliedschaft erhielt er eine Anstellung als Reichssportlehrer, die seinen Unterhalt sicherte und ihm ermöglichte, im Radsport tätig zu bleiben. Zudem schrieb er in den 1940er und 1950er Jahren regelmäßig Kolumnen mit Tipps für Radrennfahrer („Jetzt spricht Rütt“).

Wie populär Rütt auch im Ausland war, kann man an der Tatsache erkennen, dass die Autoren des 1927 erschienenen französischen Tour-de-France-Romans Giganten der Landstraße dessen deutsche Ausgabe ihm widmeten mit den Worten: „André Reuze und Fred A. Angermayer widmen die deutsche Ausgabe dieses Werkes dem Weltmeister Walter Rütt, der durch das Beispiel seines sportlichen Lebens und durch die Schöpfung der Rütt-Arena den deutschen Rennfahrer-Nachwuchs entscheidend gefördert und der internationalen Klasse ebenbürtig gemacht hat.“[4]

Familiäres

Bei seinen Starts in Dänemark hatte Rütt eine Schwester des ehemaligen schwedischen Radrennfahrers Orla Lund kennen gelernt. Im Jahr 1904 heirateten sie.[5] Rütt hatte einen Sohn, den in Australien geborenen Oskar Rütt, der ebenfalls als Radsportler aktiv war[6] und u. a. 1923 die Meisterschaft von Preußen im Sprint gewann.[7] Er lebte in Kopenhagen und betrieb dort ein Geschäft für Radios.[8]

Ehrungen

Im Jahre 2000 wurde in Morsbach, heute ein Stadtteil von Würselen, eine Sporthalle nach Walter Rütt benannt. Sein Grab auf dem Friedhof Steglitz in Berlin ist seit 2001 ein Ehrengrab der Stadt Berlin.

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b c Bund Deutscher Radfahrer (Hrsg.): Radsport. Nr. 26/1964. Deutscher Sportverlag Kurt Stoof, Köln 1964, S. 6. 
  2. Interessengemeinschaft Radsport (Hrsg.): Der Radsport. Nr. 7/8/1948. Sportdienst Verlag Zademack und Noster, Köln 1948, S. 2. 
  3. Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/35991388
  4. zitiert nach: Wolfgang Schoppe, Werner Ruttkus: Im Glanz und Schatten des Regenbogens. Eigenverlag, 2005, ISBN 3-00-005315-8, S. 92
  5. Interessengemeinschaft Radsport (Hrsg.): Der Radsport. Nr. 17/18/1948. Sportdienst Verlag Zademack und Noster, Köln 1948, S. 2. 
  6. Interessengemeinschaft Radsport (Hrsg.): Der Radsport. Nr. 55/1948. Köln 1948, S. 2. 
  7. Bund Deutscher Radfahrer (Hrsg.): Radsport. Nr. 9/1962. Deutscher Sportverlag Kurt Stoof, Köln 1962, S. 12. 
  8. Illustrierter Radsportexpress. Nr. 1/1948. Express-Verlag, Berlin 1948, S. 5. 

Weblinks

Commons: Walter Rütt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Walter Rütt in der Datenbank von Radsportseiten.net
  • Website zu Walter Rütt
Normdaten (Person): GND: 134123514 (lobid, OGND, AKS) | VIAF: 38126677 | Wikipedia-Personensuche
Weltmeister im Sprint

1895 Robert Protin | 1896 Paul Bourillon | 1897 Willy Arend | 1898 George A. Banker | 1899 Major Taylor | 1900 Edmond Jacquelin | 1901–1903, 1906, 1908, 1911 Thorvald Ellegaard | 1904 Iver Lawson | 1905 Gabriel Poulain | 1907, 1910 Émile Friol | 1909 Victor Dupré | 1912 Frank Kramer | 1913 Walter Rütt | 1914–1919 nicht ausgetragen | 1920 Robert Spears | 1921–1924, 1926 Piet Moeskops | 1925 Ernst Kaufmann | 1927–1930 Lucien Michard | 1931 Willy Falck Hansen | 1932–1937, 1947 Jef Scherens | 1938, 1948, 1953 Arie van Vliet | 1939–1945 Finale bzw. WM nicht ausgetragen | 1946, 1957 Jan Derksen | 1949–1951, 1954 Reg Harris | 1952 Oscar Plattner | 1955, 1956, 1959–1962, 1964 Antonio Maspes | 1958 Michel Rousseau | 1963 Sante Gaiardoni | 1965, 1966, 1968 Giuseppe Beghetto | 1967, 1969 Patrick Sercu | 1970 Gordon Johnson | 1971 Leijn Loevesijn | 1972, 1973 Robert Van Lancker | 1974 Peder Pedersen | 1975, 1976 John Nicholson | 1977–1986 Kōichi Nakano | 1987 Nobuyuki Tawara | 1988 Stephen Pate | 1989 Claudio Golinelli | 1990, 1992 Michael Hübner | 1993 Gary Neiwand | 1994 Marty Nothstein | 1995 Darryn Hill | 1996–1998 Florian Rousseau | 1999, 2003 Laurent Gané | 2000 Jan van Eijden | 2001 Arnaud Tournant | 2002 Sean Eadie | 2004, 2006, 2007 Theo Bos | 2005 René Wolff | 2008 Chris Hoy | 2009, 2010, 2012, 2015 Grégory Baugé | 2011, 2016 Jason Kenny | 2013 Stefan Bötticher | 2014 François Pervis | 2017 Denis Dmitrijew | 2018 Matthew Glaetzer | 2019–2023 Harrie Lavreysen

Deutsche Meister im Sprint (Profis/Elite)

1895 August Lehr | 1896, 1897, 1921 Willy Arend | 1898 Franz Verheyen | 1908 Richard Scheuermann | 1909 Otto Meyer | 1910, 1919, 1920, 1923 Walter Rütt | 1914 Eugen Stabe | 1922, 1924, 1926 Willy Lorenz | 1925 Willy Gottfried | 1927 Alex Fricke | 1928, 1929, 1932 Mathias Engel | 1930, 1931 Peter Steffes | 1932–1939 Albert Richter | 1940, 1941 Jean Schorn | 1942 Toni Merkens | 1946–1947, 1949–1954 Georg Voggenreiter | 1948 Werner Bunzel | 1955–1960, 1962–1965 Werner Potzernheim | 1961 Günther Ziegler | 1966, 1967 Hans-Peter Kanters | 1969 Peter Glemser | 1975 Udo Hempel | 1976 Horst Schütz | 1992–1996, 1998–1999, 2002 Jens Fiedler | 1997 Eyk Pokorny | 2000, 2004 Jan van Eijden | 2001, 2005 Stefan Nimke | 2003 René Wolff | 2006, 2007 Matthias John | 2008, 2013 Robert Förstemann | 2009 Carsten Bergemann | 2010 Tobias Wächter | 2011, 2012, 2014, 2022 Stefan Bötticher | 2015, 2016, 2017 Maximilian Levy | 2018, 2019, 2023 Maximilian Dörnbach

Der Sprint wurde nicht durchgängig bei Deutschen Bahn-Meisterschaften ausgetragen.

Personendaten
NAME Rütt, Walter
KURZBESCHREIBUNG deutscher Radrennfahrer
GEBURTSDATUM 12. September 1883
GEBURTSORT Morsbach
STERBEDATUM 23. Juni 1964
STERBEORT Berlin